Genehmigungsvoraussetzungen für Biogasanlagen

Mit der Novellierung des Baugesetzbuches (Bau GB) im Jahr 2004 wurden Biogasanlagen in die Liste der privilegierten Bauvorhaben im Außenbereich aufgenommen. Zum einen wollte man damit den Strukturwandel in der Landwirtschaft unterstützen. Zum anderen sollte der Nutzung der Biomasse unter dem Aspekt des Klimaschutzes eine größere Rolle bei den regenerativen Energien zukommen. Gefördert werden sollten auf diese Weise in erster Linie Biogasanlagen, die im Verbund mit einer bestehenden Hofstelle errichtet werden, nicht jedoch industrielle Großanlagen. Aus diesem Grund wurde als Voraussetzung für die Privilegierung die Größe der Anlage begrenzt (< 0,5 MW elektrische Leistung) und ein räumlich-funktionaler Zusammenhang mit einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb, einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung oder einem Betrieb mit Intensivtierhaltung gefordert. Zudem muss die Biomasse aus diesem Betrieb oder nahe gelegenen Betrieben stammen. In einer erneuten Novelle im Juli 2011 wurde als Begrenzung eine Feuerungswärmeleistung von 2,0 MW bzw. eine Biogasproduktion von 2,3 Mill. m3 Biogas pro Jahr festgelegt. Die Begrenzung der elektrischen Leistung viel weg. Als weiteres Kriterium darf nur eine Anlage pro Betrieb errichtet werden. Industrielle Großanlagen sind dagegen nur nach einer expliziten Ausweisung des Standortes im Flächennutzungsplan als Sondernutzungsfläche für Biogasanlagen oder zur Energiegewinnung genehmigungsfähig. Hierbei sollte ein enger räumlicher Zusammenhang zu einem im Flächennutzungsplan als Industrie- oder Gewerbefläche ausgewiesenem Bereich bestehen.

Darüber hinaus gelten auch die allgemeinen Voraussetzungen für eine Privilegierung wie eine ausreichende Erschließung und keine entgegenstehenden öffentlichen Belange. Letzteres ist an die Einhaltung der allgemeinen Genehmigungsvoraussetzungen, insbesondere hinsichtlich Emissionsschutz gekoppelt.

Mit der Novelle der 4. BImSchV im Jahr 2013 wurden Biogasanlagen als Energieerzeugungsanlagen auch expliziet in das BImSch-Recht aufgenommen (ab einer Leistung von 1,2 Mio Nm3 Biogas pro Jahr). Bisher war die Genehmigungspflichtigkeit nach BImSchG abhängig von der Feuerungsleistung der Verbrennungsmotoren für das Biogas. Des weiteren besteht die Genemigungspflichtigkeit nach BImSchG, wenn einer der nachfolgenden Kriterien erfüllt ist:

-  werden in die Anlage mehr als 1 t pro Tag gefährliche Abfälle gemäß KrW-/AbfG gegeben?

-  werden mehr als 10 t nicht gefährliche Abfälle gemäß KrW-/AbfG in der Anlage gelagert?

-  werden mehr als 6.500 m3 Gülle oder Gärreste in der Anlage gelagert?

 - werden mehr als 100 t/Tag Gülle verarbeitet?


Bei einer Biogasanlage mit einer elektrischen Leistung von <1,2 Mio Nm3 Biogas pro Jahr, in der Pflanzenreste aus dem landwirtschaftlichen Betrieb oder Nachbarbetrieben verarbeitet werden, sind alle oben genannten Fragen in der Regel mit „nein“ zu beantworten. In diesem Fall braucht lediglich ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden. Muss jedoch nur eine der Fragen mit „ja“ beantwortet werden, so ist ein Genehmigungsverfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) durchzuführen. Hier kommt dann im Normalfall das vereinfachte Verfahren nach § 19 BImSchG ohne Öffentlichkeitsbeteiligung zum tragen. Nur bei Einsatz gefährlicher Abfälle >10 t/Tag, nicht gefährlicher Abfälle >50 t/Tag oder Gülle >100 t/Tag ist sogar ein förmliches Verfahren nach § 10 BImSchG einzuleiten und die Anlage fällt unter die IED.

Neben der Frage des Genehmigungsverfahrens muss auch überprüft werden, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) gemäß UVP-Gesetz durchgeführt werden muss. Bei nach Baurecht genehmigungsbedürftigen Anlagen ist dieses grundsätzlich zu verneinen. Handelt es sich jedoch um eine nach BImSchG genehmigungspflichtige Anlage, müssen wiederum entsprechende Mengenschwellen berücksichtigt werden, die jeweils auf den konkreten Fall zu beziehen sind, und auf die an dieser Stelle deshalb nicht weiter eingegangen werden soll. Zumeist ist hier jedoch nicht unmittelbar eine UVP-Pflicht gegeben, sondern in einem vorgelagerten Verfahren, der so genannten allgemeinen bzw. standortbezogenen Vorprüfung, ist zunächst zu klären, ob tatsächlich eine UVP durchzuführen ist.

Zu beachten ist auch, dass bei einer Biogasmenge von >10.000 kg in der gesamten Anlage (einschließlich Rohrleitungen) die Anlage unter die Störfallverordnung fällt.

Hinsichtlich Emissionen sind in erster Linie die Anforderungen gemäß 5.4.1.3 TA-Luft einzuhalten. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob die Anlage nach Baurecht oder BImSchG zu genehmigen ist. Problematisch bei Biogasanlagen sind vor allem die Geruchsentwicklungen. Hier ist auf die Bestimmungen in 5.2.8 TA-Luft zu verweisen, die jedoch wenig konkret sind. Daher werden zudem oftmals die Bestimmungen aus Kapitel 5.4.8.6.1 TA-Luft zu Hilfe genommen. Danach dürfen Anlagen zur Vergärung von Bioabfallen mit einer Durchsatzleistung von mehr als 30 t pro Tag nicht mehr als 500 GE (Geruchseinheiten) pro m3 Abgas enthalten. Zudem sind dort für Anlagen ab 10 t pro Tag Abfalleinsatz einzuhaltende Mindestabstände von 300 m zur nächsten Wohnbebauung genannt. Werden allerdings keine Abfälle eingesetzt, gelten diese Werte rechtmäßig nicht.

Darüber hinaus wird oftmals die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) NRW als Entscheidungshilfe verwendet. Hierbei gelten Gerüche noch als zulässig, wenn sie in Wohngebieten nicht häufiger als 10 % der Jahresstunden auftreten. Dem liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass nicht die Intensität eines Geruches sondern die Häufigkeit seines Auftretens maßgeblich ist für den Grad der Belästigung. In Dorfgebieten beträgt dieser Wert 15 %. In Außenbereichen sind unter Umständen auch 25 % noch akzeptabel. Achtung: Die GIRL ist bisher keine rechtsverbindliche Norm, sondern lediglich ein Kriterium zur Beurteilung von Geruchsimmissionen. Sie wird jedoch wegen ihrer hohen wissenschaftlichen Basis allgemein von Gerichten akzeptiert. Zudem sind die Grenzwerte der GIRL bereits in den Entwurf der neuen TA-Luft eingeflossen, mit deren Verabschiedung noch im Jahr 2018 zu rechnen ist.

Von baurechtlicher Seite werden zumeist keine besonderen Anforderungen an Biogasanlagen gestellt. Wegen des eventuell jedoch vorhandenen Explosionsschutzrisikos sind die einschlägigen Brand- und Explosionsschutzbestimmungen einzuhalten. Für die Anlage ist gemäß § 6 Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) zudem ein Explosionsschutzdokument (-konzept bei Neuanlagen als Bestandteil des Genehmigungsantrags) zu erstellen.

§ 35 BauGB legt nahe, dass die Biogasanlage in der Nähe der Hofstelle errichtet wird. Insofern sind aus naturschutzrechtlicher Sicht zumeist keine Bedenken zu erwarten. Soll die Biogasanlage jedoch in einem größeren Abstand von der Hofstelle errichtet werden, könnte eventuell eine Versagung wegen Störung des Landschaftsbildes in Betracht kommen. Dem kann gegebenenfalls durch einen grünen Anstrich und Bepflanzungsmaßnahmen entgegengewirkt werden.

 

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